Mittelamerika, das sind dschungelüberwucherte Tempelanlagen, kleine Bananenrepubliken, sagenhafte Geschichten von Gold und verschollenen Reichtümern sowie herrliche Natur- und Tauchparadiese. Im vergangenen Winter führte mich eine zweiwöchige Reise an Bord der AIDAaura entlang der Küste Mittelamerikas zunächst nach Kolumbien und Panama, dann die berüchtigte Mosquito-Coast hinauf zu den Faultieren Costa Ricas und nach einem Abstecher nach Jamaika weiter zu den Riffen von Mexiko, Honduras, Belize und den Cayman Islands.
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Im ersten Teil meines Reiseberichts möchte ich von den Mythen und Menschen berichten, denn die geschichtsreiche Landverbindung zwischen Nord- und Südamerika hat viel zu erzählen. Der zweite Teil widmet sich dann der Unterwasserwelt, insbesondere dem Tauchen am zweitlängsten Barriereriff der Welt – dem Gran Arrecife Maya. Es erstreckt sich über 680 km entlang der Karibikküste von Mexiko bis nach Honduras. Nachdem ich bereits an vielen Stellen der Karibik getaucht bin, war ich auf dieses Riff besonders gespannt, denn es gilt als eines der unberührtesten und schönsten weit und breit...
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Cartagena – Tor zum Reich der Inkas
Erstes Ziel der Reise war Cartagena in Kolumbien. Wenn man heute an Kolumbien denkt, denkt man weniger an ein Reiseziel, als an einen politischen Brennpunkt: Paramilitärs gegen Indios, Regierung gegen Guerilla, Drogenmafia gegen den Rest der Welt und mitunter gegen die rechtlosen Landarbeiter. Kolumbien ist das Land mit der höchsten Entführungs- und Mordrate auf der Welt. Als wir im Hafen von Cartagena einliefen schwebten bereits die ersten Militärhelikopter über unseren Köpfen. Hunderte schwerbewaffneter Soldaten säumten die Straßen und mein bereits gebuchter Tauchausflug wurde wegen Sicherheitsbedenken abgesagt. Ich hatte nämlich das „Glück“, dass sich der U.S. Präsident gerade in der Stadt aufhielt. Also nutzte ich den Tag für einen Bummel durch die Altstadt von Cartagena. Die 1533 gegründete Stadt ist eine der
ältesten spanischen Städte Südamerikas. Die Altstadt mit ihren im Kolonialstil erbauten Kirchen, Plätzen, Herrenhäusern und Palästen wurde von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Von hier brachen Abenteurer und Forscher auf der Suche nach dem sagenhaften Goldreich El Dorado in den Dschungel Südamerikas auf und von hier wurden auch die erbeuteten Gold- und Silberschätze nach Europa verschifft.
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Cartagena in Kolumbien gilt als eine der schönsten Kolonialstädte Lateinamerikas
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Die Legende vom sagenhaften Goldreich geht wahrscheinlich auf die Krönungszeremonie der Inka zurück. Jeder neue König wurde zur Amtseinführung am nackten Körper mit einer klebrigen Masse bestrichen und mit Goldstaub bepudert. Aus dem goldenen Mann wurde im Laufe der Geschichte ein goldener See, eine goldene Stadt und letztendlich ein goldenes Reich. Der Stolz auf den legendären El Dorado („Der Vergoldete“) ist auch in Cartagena spürbar. Hier erinnert eine Statue eines vergoldeten Indios an den größten Mythos der Kolonialgeschichte.
Bei den Embera-Indianern am Rio Chagres
Eines der beeindruckendsten Erlebnisse dieser Reise war ein Ausflug ins Regenwaldgebiet am Rio Chagres unweit des Panamakanals. Es ging durch den schwer zugänglichen Dschungel des viertgrößten Nationalparks Panamas zu einem am Flussufer gelegenen Dorf der Emberá-Indianer. Sie gehören zu dem großen Volk der Choco, deren Wurzeln an der Karibikküste Kolumbiens liegen. Vor mehr als zehn Jahren siedelten sich mehrere Indianer-Familien dort an. In ihrer Heimat Kolumbien hatten die Gewalttätigkeiten und Menschenrechtsverletzungen gegen die Indios deutlich zugenommen. Als nämlich das kolumbianische Verfassungsgericht der Regierung und der Betreiberfirma eines Elektrizitätswerks aufgegeben hatte, vor der Flutung eines Stausees Entschädigungsverhandlungen mit den betroffenen Emberá-Indianern einvernehmlich abzuschließen, wurden deren Führer verschleppt, ermordet oder mit dem Tode bedroht, damit die Regierung dann
feststellen konnte, dass den Auflagen des Verfassungsgericht „leider“ mangels Ansprechpartnern nicht nachgekommen werden konnte.
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Hier in Panama leben die Emberá-Indianer friedlich in ihrer eigenen Welt und nach ihren alten Traditionen. Sie wohnen in traditionell gebauten Pfahlhäusern und bemalen ihren Körper und ihr Gesicht mit der Pflanzenfarbe „quipara“, wobei zumeist geometrische Muster verwendet werden, die mit einem dünnen Holzstäbchen aufgetragen werden. Jedes Muster hat seine spezifische Bedeutung. Es wäre jedoch übertrieben zu behaupten, dass sie noch wie vor Hunderten von Jahren leben. Die Indios sind zumindest mit einer Telefonzelle mit der Außenwelt verbunden...
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Besuch im Waisenhaus für Faultiere in Costa Rica
Bei Puerto Limón in Costa Rica liegt das private Wildschutzgebiet Averios del Caribe. Das 230 Hektar großes Grundstück wurde von Luis Arroyo und Judy Avey-Arroyo im Jahr 1972 das erworben, um den tropischen Regenwald an der karibischen Küste zu schützen. Es beherbergt auch das Sloth Sanctuary of Costa Rica, die einzige Faultieraufzuchtstation Mittelamerikas. Hier kümmern sie sich um die Versorgung verletzter Tiere und deren Wiederauswilderung.
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Junge Hoffmann-Zweifingerfaultiere (Bradypus variegatus) und Buttercup, ein Braunkehl-Faultier (Bradypus variegatus)
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Durch durch die beschaulichen Kanäle und Lagunen des Wildschutzgebietes können auch Kanufahrten unternommen werden. 312 Vogelarten (und das sind längst noch nicht alle) sind hier schon registriert worden, darunter der seltene Weißbandpipra, Pirole, prächtig gefärbte Tukune und der Nachtreiher, dessen Nisten sehr ungewöhnlich im karibischen Tiefland ist. Neben der Vogelwelt lassen sich hier im herrlich üppigen Tiefland-Regenwald auch Kaimane, Schildkröten, Flussotter und Frösche beobachten. Brüllaffen hüpfen durch die Bäume und manches Faultier lässt sich von der Ferne in den Bäumen blicken.
Nach einer Woche Fahrt entlang der Küste Süd- und Mittelamerikas erreichten wir wieder Jamaika. Ich habe während dieser Woche mehr und vor allem besser gegessen als jemals zuvor in meinem Leben, und während ich dies tat, habe ich am eigenen Leib den Unterschied zwischen „Rollen“ und „Stampfen“ eines Schiffes bei schwerer See erlebt. In der Krankenstation gaben sich die Seekranken die Klinke in die Hand. Wenn man aufstand, verlor man das Gleichgewicht und musste sich festhalten, ohne genau sagen zu können, ob das Schiff auf oder ab ging oder Korkenzieherbewegungen machte.
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Ich habe jede Menge Schwärme Fliegender Fische gesehen und vor Puerto Limón in Costa Rica sogar Delphine. Doch zum Tauchen war ich bisher noch nicht gekommen. Dies sollte sich in der zweiten Woche ändern. Nach zwei ernüchternden Tauchgängen an der Nordküste Jamaikas stachen wir vom Basishafen Montego Bay wieder in See. Ziel waren diesmal Mexiko, Honduras, Belize und die Cayman Islands. Im Mittelpunkt stand hier das Tauchen am zweitgrößten zusammenhängenden Korallengebiet der Welt, dem Großen Maya-Riff, welches sich entlang der Karibikküste von Mexiko bis nach Honduras erstreckt.
Die Taucherinsel Cozumel
Eines der beliebtesten Tauchziele der Karibik ist die mexikanische Insel Cozumel. Als einer der schönsten Tauchplätze gilt hier die Santa Rosa Wall, ein Hang, der sich sanft auf etwa 20 Meter herabneigt, um dann steil nach unten abzufallen. Aufgrund der dort herrschenden heftigen Strömung, sind häufig Großfische anzutreffen. Meine Vorfreude auf einen Tauchgang diesem Tauchplatz fand jedoch ein jähes Ende als der Motor unseres Tauchbootes mit einem lauten Knall das zeitliche segnete. Wir trieben nun in der kleinen Nussschale vor der Küste und warteten auf Hilfe. Mit mehreren Stunden Verspätung und einem neuen Boot erreichten wir dennoch unser Ziel. Ich traf auf Kaiserfische, Seespinnen, einen Geigenrochen, große Muränen, einen Adlerrochen sowie eine Froschfischart, die nur in diesen mexikanischen Gewässern vorkommt. Auch ein stattlicher Barrakuda machte uns seine Aufwartung.
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Vor fünfzig Jahren war Jacques-Yves Cousteau einer der ersten, der hier tauchte. Anfang der sechziger Jahren drehte er hier mehrere Filme. Geblieben ist all das, was schon damals die Tauchpioniere an diesen Riffen so faszinierte: warmes und kristallklares Wasser und eine faszinierende Unterwasserlandschaft mit Grotten, Durchbrüchen und korallenbewachsenen Steilabfällen. Heute ist Tauchen die Sportart Nummer eins auf Cozumel. Die Korallen sind dennoch größtenteils intakt, denn bereits 1977 wurden die Riffe der Insel zum Unterwassernationalpark ernannt. So farbenprächtig, vielfältig und imposant die Unterwasserwelt Cozumels auch ist, über Wasser hat die Insel leider nicht viel zu bieten. Wer hier länger verweilt sollte unbedingt aufs Festland fahren und sich die Maya-Ruinen von Tulum, Coba
und natürlich Chitzen Itza anschauen.
Honduras
Vor uns lag der Hafen von Puerto Cortés an der honduranischen Karibikküste. Das Einlaufen wurde verzögert, da noch ein Frachter unseren Anlegeplatz blockierte. Puerto Cortes ist der größte Seehafen von Honduras und einer die wichtigsten Häfen Zentralamerikas. Die Stadt wurde im Jahre 1524 vom berüchtigten Konquistador Hernando Cortés, der 1519 das Aztekenreich in Mexiko eroberte, begründet. Daran erinnert noch heute der Name der Stadt.
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Puerto Cortés in Honduras
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Puerto Cortés hat meines Erachtens nicht sonderlich viel zu bieten. Die Straßen sind staubig und verschmutzt und mir fiel auf, dass recht viele Leute mit Pistolen und Gewehren herumliefen. Banken, Tankstellen, Geschäfte, je sogar eine Pizzeria wurde von zum Teil schwerbewaffneten Sicherheitsleuten bewacht. Vertrauenserregend war das Ganze nicht gerade und so beschlossen wir, die Hauptstraße nicht zu verlassen. Wir setzten uns in ein Straßencafé und tranken ein kühles Salva-Vida-Bier.
Belize - Tauchen am zweitlängsten Riff der Welt
"Wenn es denn ein Ende der Welt geben soll, so liegt es mit Sicherheit in Britisch Honduras", schrieb einst Aldous Huxley. Heute heißt das kleine Land im Herzen Mittelamerikas Belize. Dichter Dschungel überzieht das Landesinnere, und noch immer werden in diesen unzugänglichen Gebieten viele bisher unentdeckte Maya-Ruinen vermutet. An der Küste regieren Mücken und Sandflöhe. Diesen wilden und sumpfigen Küstenstreifen wollte früher eigentlich keiner so recht haben. Nicht einmal die Spanier. Erst im 17. Jahrhundert ließen sich englische und schottische Piraten nieder und so kam es, dass Belize heute das einzige englischsprachige Land Mittelamerikas ist.
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Die Jahrhunderte der Unterentwicklung waren ein Segen für das Land, denn sie halfen, die wertvollste Ressource Belizes, die Natur, zu bewahren. Der größte Schatz dieses touristisch noch relativ unerschlossenen Landes befindet sich jedoch weit draußen vor der Küste. Dort liegen eine Reihe von Inseln entlang eines riesigen Barriereriffs, welches das Land wie ein Schild fast über seine ganze Länge von der Karibik abschirmt. Der 300 km lange Riffabschnitt vor der Küste des kleinen mittelamerikanischen Staates wurde im Jahre 1996 zum Weltkulturerbe erklärt. Das Land bietet neben dem Great Belize Reef auch drei große Atolle: Turneffe, Glover's Reef und Lighthouse Reef. Zusammengenommen findet man hier weit über 100 Tauch- und Schnorchelplätze, die einzigartige Unterwassererlebnisse garantieren.
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Das Belize Barrier Reef ist das weltweit das zweitgrößte Riffsystem - nach dem australischen Great Barrier Reef
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Wir tauchten an den berühmten Turneffe-Islands. Sie bilden sozusagen die Oberfläche des Turneffe-Atolls. Dieses Atoll ist etwa 48 Kilometer lang und 16 Kilometer breit und liegt ungefähr 30 Kilometer von der Küste entfernt. Ein großer Teil des Atolls besteht aus Mangroven und ist nicht zugänglich. Unter Wasser herrschte eine starke Strömung, die uns in beträchtlichem Tempo an der wunderschön bewachsenen Rifflandschaft vorbeitrug. Den Korallen tut diese Strömung sichtbar gut. Schwärme buntschillernder Fische ziehen von Gorgonienfächer zu Gorgonienfächer. Oft trennte sich mein Blick vom Riff und wanderte hinaus in das tiefe Blau des offenen Wassers. Die Hoffnung, einen großen Hai zu erspähen, wurde aber leider nicht erfüllt. Dafür schwebten an einem schräg abfallenden Riffabhang zwei große Adlerrochen aus der Tiefe empor, beäugten mich kurz und drehten dann mit eleganten Flügelschlag ab. Zum Abschluss paddelte noch eine Schildkröte vorbei.
Stingray-City
Letztes Ziel unserer Reise waren die Cayman Islands. Noch im 17. Jahrhundert waren die Cayman Islands eine berüchtigte Pirateninsel. Heute residieren im einstigen Schlupfwinkel der Piraten unzählige Banken und Briefkastenfirmen, denn auf der Insel werden keine Steuern erhoben. Der Ursprung der Steuerfreiheit führt ins 18. Jahrhundert zurück, als mehrere englische Schiffe vor der Küste in Seenot gerieten und die Einheimischen sie samt Besatzung retteten. Als Dank versprach die englische Königin, dass die Einwohner niemals in ihrem Leben Steuern an England bezahlen müssen. Da die Caymans heute noch immer britisches Hoheitsgebiet sind, gilt diese Regelung auch noch heute.
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Die größte Attraktion der Hauptinsel Grand Cayman ist „Stingray City“, eine Sandbank, die von unzähligen Amerikanischen Stechrochen (Southern Stingrays) bewohnt wird. Hier tummeln sich in nur 1,5 bis 2 m Wassertiefe unzählige Amerikanische Stechrochen. Ursprünglich fütterten Fischer die Rochen mit Fischabfällen, indem sie hier ihre Fänge zu säubern pflegten. Nach 30 Jahren sind aus den „fliegenden Teppichen des Meeres“ handzahmte Tiere geworden. Die Rochen – mit einer Spannweite bis zu 2 m – verhalten sich heute wie zutrauliche Delphine. Man kann mit ihnen im bauchtiefen Wasser schwimmen, ihre glatte, weiche Haut streicheln (mir kam es eher vor wie eine nasse, glitschige Marone) und sie füttern. Wer keinen Kalmar oder sonst etwas bei sich hat, erhält in der Regel einen festen Rippenstoß, bevor die Rochen weiter schwimmen. Hübsch ist auch anzusehen,
wie Kinder kichernd mit Rochen spielen, die so breit sind, wie sie selbst hoch. Die größte Herausforderung für Fotografen ist jedoch die Beliebtheit dieser Stelle. Man kämpft mit vielen anderen um die beste Position. Dennoch war die Begegnung mit den Rochen ein Höhepunkt dieser Reise. Stingray-City gehört für mich zu den Tauchparadiesen dieser Welt!
Weitere Informationen: Mexiko Belize Jamaika Honduras Cayman Islands Panama Costa Rica
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