In den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain und Katar hat das Perlentauchen eine lange Tradition. Das Sammeln der Perlmuscheln bescherte der Region am Persischen Golf vor dem Erdöl einen bescheidenen Wohlstand. Bei mehreren Reisen in die Region informierte ich mich über das beschwerliche Leben der Perlentaucher und tauchte selbst hinunter zum Meeresgrund, um nach Perlmuscheln zu suchen.
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Seit Jahrtausenden faszinieren Perlen den Menschen. Mit ihnen wird Reichtum, Schönheit und Glück verbunden. Sie sind ein Teil der Geschichte der Golfstaaten. Hier finden sich ideale Bedingungen für die Perlensuche: seichte, saubere Gewässer mit großen Muschelbänken, die richtige Temperatur, ein idealer Salzgehalt und natürlich viel Sand. Perlen bilden sich in Muscheln als Reaktion gegenüber einem Fremdkörper, z.B. einem Sandkorn, der in das Innere des Mantels oder zwischen Muschelschale und Mantel eingedrungen ist.
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Doch welche Muscheln musste ich suchen? „Pearl oyster“ wird häufig als „Perlauster“ übersetzt, doch wird der Begriff oyster im Englischen traditionell im weiten Sinn verwendet und umfasst nicht nur die Familie der Austern. Perlmuscheln gehören dagegen vor allem zur Familie der Flügelmuscheln (Pteriidae). Die bekannteste Flügelmuschel unter den Perlaustern ist die Schwarze Flügelauster Pteria penguin (Black-winged Pearl Oyster). Die bis zu 25 cm große Muschel ist in Tiefen bis 30 m auf Felsen oder Korallenriffen zu finden. Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich vom Roten Meer und der Ostküste Afrikas über den Persischen Golf und Indischen Ozean bis in den westlichen Pazifik. Sie kann schwarze Perlen und sehr schöne weiße „Mabe-Perlen“ (Halbperlen) hervorbringen.
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Pteria penguin ist die bedeutendste Flügelmuschel unter den Perlaustern
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Bei der Gewinnung von Perlen spielen vor allem aber die Flügelmuscheln aus der Gattung Pinctada eine große Rolle. Sie gelten als der berühmteste Perllieferant. Im Arabischen Meer und Golf von Oman kommen die Arten Pinctada margaritifera, Pinctada martensii und Pinctada radiata vor. Die Perlaustern der Muschelgattung Pinctada bilden Perlen aus irisierendem Perlmutt aus, d.h. das Material erscheint je nach Lichteinfall in einer anderen Farbe. Das Farbspektrum erstreckt sich – je nach Perlenart – von weiß, rosa, rot, orange, silber und silbergrau bis hin zu schwarz. Je größer, runder, farbenprächtiger, ebener und schimmernder eine Perle ist, desto größer ist ihr Wert. Der Schimmer der Perle wird mit den Fachbegriffen Lüster und Orient beschrieben. Lüster ist der Oberflächenglanz der Perle, Orient der Innenglanz. Je klarer der Lüster auf der Perlenoberfläche ist und je intensiver der Innenglanz, desto höher ist die Perlenqualität.
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Perlauster Pinctada radiata
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Es wird angenommen, dass die kostbarsten und berühmtesten Perlen der Antike, z.B. die legendären Perlenohrringe Kleopatras, von der Muschelart Pinctada margaritifera stammen. Die große Muschel kann die begehrten schwarzen Perlen produzieren. Die meisten Perlen der Antike sollen angeblich von der kleinen Pinctada radiata stammen, deren Gehäusegröße nur etwa 7 cm beträgt.
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Perlauster Pinctada margaritifera
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Mit angehaltenem Atem suchte ich den Meeresgrund ab. Mit zunehmender Tiefe verspürte ich den Druck auf der Lunge. Während ich in relativ seichtem Wasser suchte, tauchten die Perlentaucher damals mit einem Atemzug in 10 bis 30 m Tiefe. Die Taucher banden sich Steine an die Füße, um schneller auf den Meeresboden sinken zu können. Sie sammelten so viele Austern wie möglich in ihre Körbe und wurden dann wieder zurück ins Boot gezogen. Und das monatelang täglich 12 bis 14 Stunden von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Bis zu 50 Tauchgänge wurden am Tag gemacht, jeder etwa zwei bis drei Minuten lang. Ein harter Arbeitsalltag.
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Als ich endlich eine Perlmuschel fand, löste ich sie vom Gestein und schoss nach oben. Schnell öffnete ich die Schalen. Die Innenseiten zeigten die typische Perlmuttfärbung. Eine runde Perle enthielt die Muschel nicht, doch zeigte sich an der Innenwand eine leichte Auswölbung aus Perlmutt. Immer wieder tauchte ich ab auf der Suche nach Perlaustern. Ich war vom Perlensucherfieber gepackt.
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Das Perlentauchen hat in den Vereinigten Arabischen Emiraten eine mehrere Tausend Jahre alte Tradition. In einem Grab im Emirat Umm al-Qaiwan wurde eine Perle entdeckt, deren Entstehungszeit zwischen 5.547 und 5.235 v. Chr. datiert wurde. Der Fund zeigt, dass auf der Arabischen Halbinsel bereits seit Jahrtausenden nach Perlmuscheln getaucht wurde. Die gesamte Region war abhängig vom Perlenverkauf. Zentren des Perlentauchens und –handels waren neben Bahrein, Doha (Katar) und Dubai auch die Emirate Ajman, Umm al-Qaiwan und Ras al-Khaimah, das damals noch Julfar hieß.
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Strand im Emirat Umm al-Qaiwan und Dhows im Emirat Ajman. Heute werden hier Schiffe für Fischer gefertigt
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Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde das Perlentauchen am Persischen Golf in großem Stil betrieben. In Bahrain sollen mehrere Tausend Dhows im Einsatz gewesen sein und etwa 700 Perlentaucher-Dhows an der Küste der Vereinigten Arabischen Emirate, davon allein etwa 300 am Dubai-Creek. An Bord jeder Dhow befanden sich je nach Größe zwischen 8 – 40 Personen: der Kapitän (Al Nokhitha), Seeleute, Taucher und Helfer. Nur ausgerüstet mit dem nötigsten sind sie in der Perltauchsaison von Mitte Mai bis Mitte September zu den Austernbänken gefahren. Doch nur selten hatten die Perlentaucher das Glück, eine Muschel mit einer großen, runden Perle zu finden.
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Traditionelle Perlenfischer-Dhow im Dubai-Museum
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Eine kleine Ausstellung über die Tradition des Perlentauchens findet sich im Dubai Museum. Dort wird die Arbeit der Perlentaucher auf eindrucksvolle und lebendige Art dargestellt.
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Traditionelle Arbeitsmittel der Perlentaucher: Taucheranzug aus dünnem Stoff als Schutz vor Sonne und Quallen, Fingerschützer aus Leder und eine Nasenklemme aus Schildplatt, Knochen oder Holz sowie hohle Kokosnüsse, in dem das Öl der Akazienbeere aufbewahrt wurde, mit sie ihren gesamten Körper als Schutz vor Sonnenbrand und Austrocknung bestrichen
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Seitdem Anfang des 20. Jahrhunderts Zuchtperlen aus Japan und China in Mode kamen, ist das Perlentauchen unrentabel geworden. Und nachdem das Erdgas und Erdöl gefunden wurde, musste oder wollte sich niemand sein Geld noch mit dem Perlentauchen verdienen. Dennoch wird die Tradition des Perlentauchens als Teil der Geschichte aufrechterhalten. Heute werden Perlentaucher-Kurse angeboten und man kann von Bord einer traditionellen Dhow selbst nach Perlen suchen. Die Perlensuche ist ein Taucherlebnis der besonderen Art.
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