von Steven Blum
Blaue Masuren
Die Masurische Seenplatte unter Wasser entdecken
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Wer in Europa wirklich einmal Stille erleben will, der muss nach Masuren fahren. Die landschaftliche Schönheit dieser Region im ehemaligen Ostpreußen ist legendär. Unberührte Landschaften und ursprüngliche Dörfer, in denen die Zeit stehen geblieben zu scheint. In den tiefen Wäldern kommen Wölfe und Luchse vor, in sumpfigen Regionen trifft man auch auf den mächtigen Elch. Zudem wurde der Wisent, das größte Säugetier Europas, in Masuren wieder heimisch gemacht.
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Die nie exakt geographisch umrissene Wald- und Seenlandschaft im Nordosten Polens besteht aus rund dreitausend Seen mit einer Größe über einem Hektar. Die riesige Wasserfläche erstreckt sich über 1.700 Quadratkilometer und ist wie auch die Seenplatte Mecklenburg-Vorpommerns ein Kind der Eiszeit. Gigantische Gletscher aus Nordeuropa schoben solch gewaltige Geröll- und Schuttmassen vor sich her, dass nach dem Abtauen des Eises bis zu dreihundert Meter aufragende Hügelketten zurückblieben. Zwischen diesen eiszeitlichen Moränen bildete das Schmelzwasser dann unzählige Seen, ein Teil von ihnen weit und flach, andere schmal und tief.
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Die kleineren Seen nennt man im blumigen Polnisch auch "Himmelsaugen", weil sich die Wolken im smaragdgrünen bis ultramarinblauen Wasser spiegeln.
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Der größte See ist mit einer Ausdehnung von 114 Quadratkilometern der Spirdingsee (Jezioro Sniardwy). Mit einer Tiefe von maximal 24 m ist der größte Binnensee Polens aber relativ flach. Fast genauso groß (104 qkm) ist der Mauersee (Jezioro Mamry), an dem von 1941 bis 1944 das Oberkommando des Heeres ihr Hauptquartier hatte. Der See ist 44 m tief und zählt aus taucherischer Sicht sicherlich zu den attraktivsten im Bereich der großen Masurischen Seen. Die Sichtweiten liegen bei 3-4 m im Sommer und bis zu 30 m im Winter. Attraktion ist hier vor allem das Wrack der „Arabella“, das in einer Tiefe von 33 m auf dem Grund des Sees ruht. Der 14 m lange und 3 m breite Schlepper wurde von einer ortsansässigen Tauchbasis im Frühling 1993 künstlich im See versenkt. Im gleichen Jahr wurde im südlichen Schilfgebiet an der Halbinsel Kurka auch eine 3500 Jahre alte archäologische Siedlung entdeckt. Das 20 x 50 m große Areal befindet sich in einer Tiefe von einem bis zweieinhalb Meter.
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Der tiefste See der Masurischen Seenplatte ist mit einer Tiefe von 108 m der Hancza-See (Jezioro Hancza). Mit Sichtweiten von bis zu 6 m eignet er sich gut zum Tauchen. Mit etwas Glück trifft man hier auf Sibirische Groppen (Cottus poecilopus), in dem See ist ein noch ziemlich großer isolierter Bestand dieser Fische vorhanden. Diese auch unter den Namen Ostgroppen oder Buntflossenkoppen bekannten Eiszeitfische sind im südlichen Ostseeraum sonst nur in der Feldberger Seenlandschaft (Schmalen Luzin und Carwitzsee) anzutreffen.
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Im September verbrachte ich eine Woche in Majdy (Mauden) in der Nähe von Stawiguda am Wulpingsee (Jezioro Wulpinskie). Wir hatten dort ein Ferienhaus direkt am See mit eigenen Steg und Boot gemietet. Ursprünglich war der See nach dem gleichnamigen Ort Heiligensee benannt. Nach der Vereinigung mit dem Nachbarort Thomsdorf im Jahre 1363 wurde der östliche Teil des Heiligensees Thomsdorfer See genannt. Nur wenige Jahre später (1417) erhielt der westliche Teil des Sees den Namen Wulpingsee, nachdem zwischen dem westlichen Heiligensee und dem Nattern-See eine Mühle, die „Wulping-Mühle“, gebaut wurde.
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Der 706 Hektar große See hat eine maximale Tiefe von 54,6 m. Die durchschnittliche Tiefe ist 10 m. Der See ist reich an Weißfisch (Plötzen, Rotfeder und Blei), aber auch Hechte, Zander, Aal, Schlei, Karpfen und Barsch kommen hier vor.
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Der Wulpingsee liegt nur zehn Kilometer südwestlich von Olsztyn, das alte Allenstein. Die Stadt hat seit dem Ende des Krieges ein gewaltiges Wachstum erlebt. Lagen die Einwohnerzahlen 1939 bei 46.000, liegen sie heute für die Hauptstadt der Woiwodschaft Ermland-Masuren bei knapp 180.000. Berühmtester Einwohner des Allensteiner Schlosses war der Astronom Kopernikus, der hier als Kapiteladministrator wirkte.
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Zu den interessanten Architekturdenkmälern der Masurischen Seenplatte gehört die Wolfsschanze, das ehemalige „Führerhauptquartier“. Die Bunkerstadt aus über 80 Bunkerruinen liegt keine zehn Kilometer von Ketrzyn in Gierloz (Görlitz) mitten im Wald und zieht heute jedes Jahr rund 200000 Besucher an.
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800 Tage, fast drei Jahre lang, hat Hitler hier mit kurzen Unterbrechungen hinter sieben Meter dicken Stahlbetonwänden gelebt. Hier arbeiteten er und sein Stab die Pläne für das „Unternehmen Barbarossa“ aus. Mit dem Näherrücken der Roten Armee verließ er am 20. November 1944 die Wolfsschanze. Danach versuchten Sondereinheiten der Wehrmacht die Anlage mit bis zu 12 t (!) Sprengstoff pro Bunker zu sprengen, was aber nicht gelang nicht. So zeugen noch heute die Ruinen dieser Bunkerstadt...
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