Der im Herzen Sibiriens, an der Südostgrenze Russlands zur Mongolei, liegende Baikalsee ist der tiefste und älteste See der Erde. Er gilt als eines der artenreichsten Süßwasserbiotope der Erde und ist ein beliebtes Ziel für Taucher und Biologen. Hier leben eine Vielzahl endemischer Tier- und Pflanzenarten. Besonders speziell sind die im Baikal lebenden Flohkrebse (Amphipoda).
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Die kleinen Wasserbewohner sind für die Reinhaltung des Wassers von großer Bedeutung. Sie fressen alle organischen Überreste von toten Tieren und Pflanzen. Die Flohkrebse machen 90 % der Biomasse des Baikalsees aus. Einige aasfressenden Arten übernehmen die Funktion des Totengräbers. Ich hatte gelesen, dass die Flohkrebse gleich im Schwarm über Kadaver von Fischen und Vögeln herfallen und innerhalb von wenigen Tagen selbst ein Schwein bis auf die Knochen abnagen. Man sagt, dass eine menschliche Leiche innerhalb von sieben Tagen gefunden werden muss, da danach alles vertilgt ist.
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Aasfressende Flohkrebse an einer Baikalgroppe
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Über 300 Flohkrebs-Arten leben im Baikalsee, wovon die meisten endemisch sind. Diese extreme Vielfalt der Krebse ist einzigartig im Süßwasser. In Europa kommen lediglich 10 bekannte Arten vor. Woher die Artenvielfalt und die Unterschiede zu den üblicherweise im eurasischen Süßwasserseen vorkommenden Arten herrühren, ist bislang noch nicht geklärt. Interessant ist auch, dass unterschiedliche Arten nur an bestimmten Stellen des Sees vorkommen.
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Die Flohkrebse werden im Baikalsee um einiges größer als die gewöhnlich im Meer oder in den Seen vorkommenden Arten. Hier erreichen einige Arten eine Größe von bis zu zehn Zentimeter. Häufig sah ich große Acanthogammus victorii, die zu Hunderten reglos am Grund oder auf den Felswänden verharrten. Auffälliges Merkmal dieser orange-gelben Riesenflohkrebse sind zwei deutlich erkennbare, seitlich abstehende Stacheln.
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Riesenflohkrebs Acantogammarus victorii
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Schöne Fotomotive boten auch die Flohkrebse Gammarus cancellus (Syn. Pallasea cancellus). Die etwa 5 bis 6 cm langen Tiere lagen entweder versteckt zwischen den Felsspalten oder vergnügten sich auf den zahlreichen Schwämmen. Mir fiel auf das an den Tauchplätzen entweder Gammarus cancellus oder der deutlich größere Acanthogammus victorii dominerte. Selten kamen beide Arten zusammen vor.
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Baikalflohkrebse Gammarus cancellus sah ich häufig auf Schwämmen sitzend. Auf dem rechten Bild Acanthogammus victorii
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Unscheinbarer sind dagegen die etwa kleineren, etwa 2-3 cm langen Gammarus-Arten, die zu Hunderttausenden die schlickreichen Bodenregionen besiedeln. Sie sind gut getarnt und ich erkannte sie meist erst, als die wimmelnde Masse bei Grundkontakt fortschreckte.
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Kleinere Flohkrebs-Arten suchten wir im See und unter dem Mikroskop (Bild Mitte rechts: Eulimnogammarus maackii)
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Die größte Artenvielfalt fand ich unter den zahlreichen Steinen. Der ufernahe Bereich des Baikalsees ist vor allem durch Steinuntergrund geprägt. Immer wenn ich einen Stein umdrehte, huschten unzählige Flohkrebse davon. Der See ist ein Paradies für Biologen und Makofotografen. Jeden Tauchgang nutzte ich zur „Jagd“ nach den bizarren Winzlingen. Ich sah große, kleine, gelbe, rote und violett gefärbte Eulimnogammarus-Exemplare. Die Bestimmung der einzelnen Arten ist aufgrund der Vielzahl sehr schwierig und wird mich noch eine Weile beschäftigen.
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