Fluggastrechte: Abgrenzung zwischen Verspätung und Annullierung eines Fluges
Bei einem Zeitablauf von 22 Stunden zwischen geplantem und tatsächlichen Abflug ist nicht mehr von einer Verspätung, sondern von einer Annullierung des ursprünglichen Fluges auszugehen (AG Frankfurt, Az.: 30 C 1726/06-75).
Nehmen Fluggäste, die wegen Umbuchung, Überbuchung oder Annullierung des Flugs nicht oder nur mit erheblicher Verzögerung befördert wurden, das Luftfahrtunternehmen auf Ausgleichszahlung gemäß EG-Verordnung Nr. 261/2004 in Anspruch, so verteidigen sich die Fluggesellschaften häufig damit, es läge keine Annullierung, sondern nur eine Verspätung des Flugs vor, da bei einer Flugverspätung keine Ausgleichszahlung fällig wird (Art. 6 und 9 der VO). Die Schwierigkeit bei der Abgrenzung der Verspätung von der Annullierung eines Fluges ergibt sich daraus, dass die Begriffe in der VO (EG) Nr. 261/2006 – ebenso wenig wie im Warschauer Abkommen bzw. im Montrealer Übereinkommen – definiert werden, so dass sie durch eine Gesamtschau der Umstände voneinander abzugrenzen sind.
In einem vor dem AG Frankfurt/Main verhandelten Fall hatte die Fluggesellschaft nach 22 Stunden eine Maschine unter der gleichen Flugnummer eingesetzt und sich darauf berufen, dass der ursprüngliche Flug nicht annulliert wurde, sondern lediglich verspätet am Zielort eingetroffen sei. Zwar spricht die Beibehaltung der Flugnummer zunächst für eine Verspätung, doch kann dies nicht das ausschlaggebende Indiz für die Annahme einer bloßen Verspätung sein. Denn dann hätten es die Luftfahrtunternehmen in der Hand, sich durch die Vergabe entsprechender Flugnummern der Erbringung einer Ausgleichsleistung zu entziehen. Entscheidend sind die Gesamtumstände.
Das AG Frankfurt/M. hat mit Urteil vom 12. Oktober 2006 (Az.: 30 C 1726/06-75) entscheiden, dass, selbst wenn möglicherweise die geplante Maschine unter der gleichen Flugnummer, wie sie von Anfang an vorgesehen war, zum Einsatz kommen sollte, schon der Zeitablauf von 22 Stunden dafür spricht, dass der „geplante“ Flug annulliert worden ist und es sich nicht lediglich um eine Verspätung handelt.
Die seitens der Fluggesellschaft gegen das Urteil eingelegte Berufung blieb erfolglos.
Weitere Artikel zu diesem Thema auf unserer Homepage:
„Europäischer Gerichtshof und Bundesgerichtshof stärken erneut die Rechte von Passagieren“
„Fluggastrechte bei Nichtbeförderung, Annullierung oder großer Verspätung eines Fluges unter Berücksichtigung der EuGH-Rechtsprechung vom 19. November 2009“
„Wann verjähren Ansprüche nach der Fluggastrechteverordnung?“
„Welche Ansprüche hat der Fluggast bei Verlust, Beschädigung oder Verspätung seines Gepäcks?“
„Ausgleichsansprüche wegen Landung auf Ausweichflugplatz“
„Fluggäste müssen über Annullierung des gebuchten Fluges rechtzeitig informiert werden “
„Keine Entschädigung bei Vogelschlag“
„Platzen eines Flugzeugreifens ist kein außergewöhnlicher Umstand im Sinne der EG-Fluggastverordnung“
„Haftet eine Fluggesellschaft, wenn Passagiere wegen einer Verspätung ihren Anschlussflug verpassen?“
„Entschädigung bei Anschlussflug außerhalb Europas“
„Gilt die Fluggastverordnung auch in der Schweiz? “
„Verspätung bei Zwischenlandung ist für Ausgleichsanspruch unbeachtlich“
„Haben Babys einen Anspruch auf Ausgleichszahlung nach der Fluggastverordnung?“
„Ausgleichszahlung bei verpassten Anschlussflug wegen Verspätung des Zubringerfluges“
Für Fragen rund ums Reiserecht stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.
Kontakt:
Rechtsanwalt Dr. Roger Blum
Ernst-Augustin-Str. 2, 12489 Berlin
E-Mail: kanzlei[at]rechtsanwalt-blum.de
Website: www.rechtsanwalt-blum.de
Wichtiger Hinweis: Der Artikel dient ausschließlich der allgemeinen und persönlichen Information. Er kann die individuelle Beratung und Beurteilung der Sach- und Rechtslage des konkreten Einzelfalls nicht ersetzen. Der Autor übernimmt auch keinerlei Gewähr und keine Haftung, die aus einer Verwendung der bereitgestellten Informationen resultieren. Der Autor gibt weder rechtliche noch steuerrechtliche Empfehlungen, mit denen eine Mandatsbeziehung begründet wird. Dessen ungeachtet sind sämtliche Informationen mit größter Sorgfalt und bestem Wissen und Gewissen erhoben und weitergegeben worden.
|
|
Rechtstipps für Sondengänger und Schatztaucher
Der Normzweck des Fundrechts ist es einerseits, die Eigentumsrechte des Verlierers zu schützen, andererseits für den Fall, dass der Verlierer unbekannt bleibt, einen originären Eigentumserwerb des Finders zu ermöglichen und damit die Eigentumsordnung zu bereinigen. Dazu wurde ein gesetzliches Schuldverhältnis mit Anzeige- und Erhaltungspflichten geschaffen und es findet sich ein besonderer Tatbestand des Eigentumserwerbs an Fundsachen im Sachenrecht des BGB. Das bürgerlich-rechtliche Eigentumsrecht wird in einigen Bundesländern durch das öffentlich-rechtliche Denkmalschutzrecht verdrängt. Die Denkmalschutzgesetze enthalten teilweise eine Regelung – das sog. Schatzregal – der das Eigentumsrecht am Schatzfund dem Staat zuweist. Nachfolgend sollen Fund, Schatzfund und der denkmalschutzrechtliche Fundbegriff vorgestellt und voneinander abgegrenzt werden sowie die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten erörtert werden.
[mehr]
|
Tauchtypische Gesundheitsschäden im Lichte des Versicherungsrechts
Immer wieder stellt sich die Frage, ob der gefürchtete Dekompressionsunfall (sog. Caissonkrankheit) von der privaten Unfallversicherung abgedeckt ist. Die Frage, ob es sich beim Deko-Unfall um einen „Unfall“ im Sinne der Allgemeinen Versicherungsbedingungen handelt, ist in der Rechtsprechung und Literatur umstritten. Wesensmerkmal eines „Unfalls“ im Sinne des § 1 III AUB (2008) ist, dass die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsbeschädigung erleidet.
[mehr]
|
Reisestornierung wegen Gefährdungslage
Aufgrund der aktuellen Situation in Ägypten stellt sich viele Reisende die Frage, ab welcher Gefährdungslage eine Reise storniert werden kann und ob eine Verpflichtung zur Annahme eines vom Reiseveranstalters angebotenen Alternativangebots besteht.
[mehr]
|
Aufklärungspflicht des Reisebüros über Einreisebestimmungen?
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat klargestellt, dass das Reisebüro nicht für die unterlassene Aufklärung über die Einreisebestimmungen haftet. Die Beratung über die Pass- und Visumspflicht gehört grundsätzlich nicht zum Pflichtenkreis des Reisebüros, das nur als Reisevermittler gilt.
[mehr]
|
Vulkanausbruch auf Island: Ist die Belastung mit Kosten für Ersatzrückbeförderung oder zusätzlichen Unterkunftskosten durch Reiseveranstalter zulässig?
Vielen Reisenden sind durch den Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajoekull erhebliche Unannehmlichkeiten entstanden. Die Aschewolke legte den europäischen Flugverkehr lahm und die Reisenden saßen unfreiwillig im Zielgebiet fest. Nun versuchen viele Veranstalter sowohl die zusätzlichen Übernachtungs- und Verpflegungsleistungen sowie die im Rahmen der Rückbeförderung entstandenen Mehrkosten von den Reisenden zurückzuverlangen.
[mehr]
|
Tauchverbot für Schlachtensee und Krumme Lanke teilweise aufgehoben
Im vergangenen Jahr wurde ein Tauchverbot für den Schlachtensee und die Krumme Lanke erlassen. Das ganzjährige Tauchverbot wurde mittlerweile gelockert und am 19. Januar 2009 eine eingeschränkte Erlaubnis erteilt (Abl. Nr. 5/30.01.2009, S. 300 f.).
[mehr]
|
Ausgleichszahlung bei verpasstem Anschlussflug
Hat man einen Anspruch auf Ausgleichszahlung bei verpasstem Anschlussflug wegen Verspätung auch dann, wenn bei der Buchung die Umsteigezeit vom Fluggast sehr kurz bemessen wurde?
[mehr]
|
Fluggastrechte bei Nichtbeförderung, Annullierung oder großer Verspätung eines Fluges unter Berücksichtigung der EuGH-Rechtsprechung vom 19. November 2009
Seit dem 17. Februar 2005 ist die EG-Verordnung Nr. 261/2006 in Kraft. Sie regelt die Fluggastrechte bei Flügen, die von einer EG-Fluggesellschaft durchgeführt werden sollten oder von Fluggesellschaften, die von, nach, oder innerhalb von EG-Gebiet fliegen. Die Verordnung umfasst auch Flüge mit sogenannten Billigfliegern. Die Verordnung ist in allen Mitgliedsstaaten unmittelbar geltendes Recht, so dass jeder EU-Bürger Ansprüche aus der Verordnung vor nationalen Gerichten einklagen kann.
[mehr]
|
Ausgleichszahlung bei verpassten Anschlussflug wegen Verspätung des Zubringerfluges
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 17. September 2013 (Az.: X ZR 123/10) entschieden, dass ein Ausgleichsanspruch nach der Fluggastverordnung (Verordnung Nr. 261/2004/EG) auch dann besteht, wenn die verspätete Ankunft am Endziel darauf beruht, dass infolge der Verspätung des Zubringerfluges ein nicht verspäteter Anschlussflug verpasst wird. Es bekräftigte seine Rechtsprechung, dass die Verspätung am Endziel maßgeblich ist und nicht der Zeitpunkt des Abflugs.
[mehr]
|
Wann verjähren Ansprüche nach der Fluggastrechteverordnung?
Ansprüche gegen Luftfahrtunternehmen wegen Nichtbeförderung, Annullierung oder großer Verspätung von Flügen nach der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) unterliegen der dreijährigen Regelverjährung nach § 195 BGB.
[mehr]
|
|
Geld zurück bei Reisemängeln - Kurze Fristen beachten!
Wenn der Urlaub zum Albtraum wird, ist ein schnelles Handeln erforderlich. Der Reisende muss vor Ort Abhilfe verlangen. Das Abhilfeverlangen sollte an die örtliche Reiseleitung gerichtet werden und zu Beweiszwecken schriftlich erfolgen. Alle Mängel der Reise sollten möglichst genau beschrieben und dokumentiert werden. Wenn die Reiseleitung nicht erreichbar ist, sollte das Abhilfeverlangen direkt an den Reiseveranstalter gerichtet werden. Wenn keine Mängelrüge vor Ort erfolgt, verliert der Reisende seine Ansprüche, es sei denn, dass den Reisenden kein Verschulden an der Nichtanzeige trifft.
[mehr bei rechtsanwalt-blum.de]
|
Ihre Rechte als Flugpassagier - Bis zu 600 EUR Entschädigung bei Nichtbeförderung, Verspätung oder Flugannullierung
10 Fragen und Antworten rund ums Thema Fluggastrechte - Eine Flugverspätung oder gar Annullierung eines Fluges ist ärgerlich, egal ob man in den Urlaub fliegt oder geschäftlich unterwegs ist. Nach der EU-Fluggastverordnung (EU-Verordnung 261/2004) haben Passagiere bei Nichtbeförderung, großer Verspätung oder Annullierung des Fluges einen Anspruch auf eine pauschale Ausgleichszahlung sowie Versorgungsleistungen gegen die ausführende Fluggesellschaft.
[mehr bei rechtsanwalt-blum.de]
|
|
|